Herr Dr. Düssel, Sie sind derzeit auf den Plakaten der Initiative IN4climate.NRW zu sehen. Sie setzen sich in Ihrem Unternehmen für neue Technologien ein, woran arbeiten Sie aktuell?
Wir haben mit unserer Virtuellen Batterie ein weltweit einzigartiges Verfahren entwickelt, mit dem wir in der Lage sind, unsere Aluminiumproduktion in einem gewissen Umfang an die schwankende Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen anzupassen. Wir können unsere Produktion bei viel Wind und Sonne hochfahren und die ansonsten überschüssige Energie in Aluminium „umarbeiten“ und wir können die Produktion drosseln, um bei einer Dunkelflaute Strom für andere Verbraucher freizugeben. Mit diesem Verfahren lässt sich also mehr grüner Strom in das Gesamtsystem integrieren. In Ergänzung zu diesem Projekt beschäftigen mich derzeit auch die Themen Big Data, Digitalisierung und Industrie 4.0, denn wir arbeiten an der Entwicklung eines digitalen Zwillings unserer Produktionsanlage. Damit werden wir Prozessereignisse voraussehen und dadurch noch früher und gezielter steuernd eingreifen können. Dies hilft uns sowohl bei der Flexibilisierung unserer Prozesse als auch bei der Reduzierung des Energie- und Ressourcenverbrauchs.
Was muss konkret geschehen, damit Ihre Branche – die Metallindustrie – und die Industrie im Allgemeinen bis spätestens 2050 klimaneutral wird?
Der CO2-Fußabdruck von Aluminium setzt sich aus direkten und indirekten Emissionen zusammen. Zur Reduzierung der indirekten Emissionen benötigen wir dringend mehr grünen Strom und zwar zu international wettbewerbsfähigen Preisen, denn der Aluminiumpreis folgt einem weltweit geltenden Börsenpreis. Zur Vermeidung der direkten Emissionen erforschen wir derzeit eine neue Technologie, mit der bei der Aluminiumherstellung kein Kohlendioxid, sondern reiner Sauerstoff als Prozessemission entstehen würde. Durch Recycling mindern wir übrigens schon jetzt den CO2-Fußabdruck unserer Legierungen. Seit vielen Jahren setzen wir Aluminiumschrotte für unsere Produkte ein. Ohne Primäraluminium geht es allerdings nicht, denn die Nachfrage nach dem Werkstoff wächst stetig.
Was treibt Sie an und motiviert Sie?
Ich bin Ingenieur. Zu diesem Beruf gehört die Begeisterung für neue Technologien im Allgemeinen und der Spaß am „Tüfteln“ und Entdecken. Insofern macht es mir große Freude, neue Ideen und Ansätze in unseren Produktionsprozess einzubringen und zu erproben. Die besondere Bindung an TRIMET kommt hinzu. Hier bin ich groß geworden, habe meine Ausbildung, mein Studium und meine Promotion absolviert. Natürlich will ich mithelfen, dieses Unternehmen in die klimafreundliche Zukunft unseres Landes zu tragen. Das ist eine große Transformation, doch ich bin fest davon überzeugt, dass wir das Zeug dazu haben, diese Herausforderung zu stemmen und damit die heimische Aluminiumproduktion zukunftsfähig zu machen. Es ist wichtig für den Industriestandort Deutschland, die regionalen Wertschöpfungsketten zu sichern. Das können wir aber nur, wenn die Politik die nötigen Rahmenbedingungen und verlässliche Planungshorizonte schafft.