Wasserstoff statt Kohlenstoff by thyssenkrupp Steel

Ziel des Duisburger Stahlherstellers thyssenkrupp Steel ist eine klimaneutrale Stahlproduktion bis 2050

Der Einsatz von Wasserstoff in der Stahlindustrie ist ein wesentlicher Faktor im gegenwärtigen Transformationsprozess auf dem Weg hin zur klimaneutralen Stahlproduktion. Der zukünftige Betrieb mit Wasserstoff und grünem Strom vermeidet dabei nicht nur erhebliche Mengen an CO₂-Emissionen, sondern stärkt auch den Industriestrandort NRW und unterstützt den Hochlauf einer Wasserstoffwirtschaft sowie den Ausbau einer grünen Energie-Infrastruktur.

tkH2Steel – Grüner Stahl durch Wasserstoff 

Die Klimastrategie „tkH2Steel“ des Duisburger Stahlherstellers thyssenkrupp Steel verfolgt das Ziel einer schrittweise klimaneutralen Stahlproduktion bis 2045. Die Stahlindustrie zählt in Deutschland zu den industriellen Hauptverursachern von Treibhausgasemissionen. Als größter Stahlerzeuger Deutschlands produziert thyssenkrupp Steel am Standort Duisburg jährlich rund elf Millionen Tonnen Stahl, wobei für die Herstellung einer Tonne Stahl dabei ca. 2,1 Tonnen CO₂ anfallen. Entsprechend hoch ist das Einsparpotenzial, das das Unternehmen durch die Nutzung von anfallendem CO₂ und der Vermeidung von CO₂ durch die Nutzung von Wasserstoff heben möchte. 

Als ein wichtiger Schritt zur CO₂-Vermeidung wurde 2019 am Standort Duisburg ein in dieser Form weltweit bislang einmaliger Versuch gestartet: An einem Hochofen wurde Kohlenstaub teilweise durch Wasserstoff ersetzt. Auf diese Weise können bis zu 20 Prozent der CO₂-Emissionen bei der Produktion von Roheisen eingespart. Ab 2026 werden die klassischen Hochöfen durch eine Direktreduktionstechnologie mit nachgeschalteten elektrischen Einschmelzern ersetzt, sodass perspektivisch im Wesentlichen grüner Wasserstoff und grüner Strom genutzt werden. 

Parallel wird im Rahmen des Forschungsprojekts „Carbon2Chem“ zur Vermeidung von CO₂-Restemissionen mit Partnern aus Wissenschaft und Industrie eine stoffliche Nutzung von Hüttengasen entwickelt. Als Rohstoff für Chemikalien können die Prozessgase aus dem Hochofen in Kombination mit grünem Wasserstoff beispielsweise für die Produktion von Kraftstoffen, Kunststoffen und Düngemitteln genutzt werden. Die Umsetzung der Klimastrategie trägt durch die Realisierung einer schrittweise grünen Stahlerzeugung zur Gestaltung einer langfristig klimaneutralen Industrie in NRW bei.

Wasserstoff als Reduktionsmittel 

Die Produktion von Stahl beginnt mit der Produktion von Roheisen, was heutzutage in der Regel in Hochöfen unter Einsatz von Koks und Einblaskohle aus Eisenerz hergestellt wird. Auf Basis dieses Produktionsprozesses ist die Stahlindustrie bislang ein bedeutender Emittent von Treibhausgasen. Um eine Senkung der CO₂-Emissionen zu erreichen, muss das Verfahren umgestaltet werden, zum Beispiel mithilfe alternativer Reduktionsmittel. So setzt thyssenkrupp Steel auf den Einsatz von Wasserstoff. Dieser reagiert dann an Stelle von Koks und Kohlenstaub mit dem Sauerstoff im Eisenerz – statt CO₂ entsteht dabei nun Wasserdampf. 

„Mit dem Transformationskonzept tkH2Steel hat die Wasserstoff-Ära bei thyssenkrupp Steel bereits begonnen: Wir werden ab 2026 das Verfahren zur Roheisenherstellung von Kohle auf Wasserstoff umstellen und können so mit unserer ersten Direktreduktionsanlage bis zu 3,5 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr einsparen.“

Dr. Arnd Köfler, Produktionsvorstand von thyssenkrupp Steel Europe

Übergangstechnologie: Schrittweise Umstellung am Hochofen ohne Produktionseinbußen 

Erstmals wurde im November 2019 in den laufenden Betrieb eines Hochofens Wasserstoff eingeblasen. Im Mittelpunkt dieser durch das Wirtschaftsministerium NRW geförderten Testreihe stand der Erkenntnis-gewinn über die Reaktion der Anlagentechnik auf den Einsatz von Wasserstoff. Die Erprobung an einer Blasform des „Hochofens 9“ am Standort Duisburg konnte mittlerweile erfolgreich abgeschlossen werden, die Ausweitung auf alle 28 Blasformen im Rahmen des durch das BMWK geförderten Reallabors „H2Stahl“ ist ein nächster möglicher Untersuchungsgegenstand. Dabei werden unterschiedliche Zusammensetzungen der beiden Reduktionsmittel Einblaskohle und Wasserstoff bis hin zum Einsatz von reinem Wasserstoff untersucht. Eine Senkung der CO₂-Emissionen des Hochofens von bis zu 20 Prozent sind so möglich.

Zieltransformation: Direktreduktion mit Wasserstoff 

Im Reallaborprojekt wird parallel eine Direktreduktions-Versuchsanlage errichtet und betrieben, die zunächst das Verhalten verschiedener Gase und wasserstoffreicher Gasgemische untersucht. Ende 2026 erfolgt die Inbetriebnahme der ersten großtechnischen Direktreduktionsanlage mit zwei nachgeschalteten elektrischen Einschmelzern. Die Anlage wird zunächst mit Erdgas betrieben, das mit steigender Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff schrittweise substituiert wird. Planmäßig wird die Anlage ab 2037 vollständig mit ca. 140.000 Tonnen grünem Wasserstoff jährlich betrieben und produziert dann pro Jahr rund 2,3 Millionen Tonnen klimaneutrales Roheisen. Auf diese Weise können jährlich bis zu 3,5 Millionen Tonnen CO₂ vermieden werden. Weitere Transformationsstufen der drei übrigen Hochöfen werden in den kommenden zwei Jahrzehnten folgen bzw. parallel angestoßen.

Neben einer Milliarde Euro, die die thyssenkrupp AG in die Transformation der Stahlproduktion investieren wird, hat die Europäische Kommission im Juli 2023 ihre beihilferechtliche Genehmigung für insgesamt knapp 2 Milliarden Euro Förderzusagen durch Bund und Land erteilt – davon werden rund 600 Millionen Euro durch das Land NRW bereitgestellt.

 

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CO2 werden pro Tonne eingesetztem grünem Wasserstoff in der Stahlproduktion eingespart.

Abbildung eines Schemas der Testphase zur Zuführung des Wasserstoffs in den Hochofen 9

Schematische Darstellung der Testphase zur Zuführung von Wasserstoff in den Hochofen 9. © thyssenkrupp Steel

Klimaschutz und Zukunftsfähigkeit durch grünen Stahl 

Die Stahlindustrie ist aus der industriellen Wertschöpfungskette nicht wegzudenken und beschäftigt in NRW rund 45.000 Menschen. Allein bei thyssenkrupp Steel arbeiten gut 26.000 Mitarbeiter:innen mit 13.000 Beschäftigten am Standort in Duisburg. Umso notwendiger ist das Um- und Neudenken der Prozesse, um den Sektor angesichts der Herausforderungen des Klimawandels zu sichern und zukunftsfähig zu gestalten. Mit der Strategie „tkH2Steel“ unterstützt thyssenkrupp Steel das Erreichen der Klimaschutzziele und treibt die Entwicklung einer klimaneutralen Industrie weiter voran. Damit leistet das Vorhaben einen wichtigen Beitrag zum Erhalt des Industriestandortes NRW.